GfPMagazin September 2008


Themenauswahl:

Leitthema:Sollte sich das Leitbild für die Wirtschaft in Deutschland künftig an Familienunternehmen orientieren?
Praxis-vor-Ort:Nemak Dillingen: Macht Motoren leichter - Der Erfolgsweg des neuen Qualitäts- und Produktionssystems
Hochschulnachrichten:Neue Studiengänge entwickeln: ein mühsamer Prozess
Länderbericht:TAIWAN



Leitthema:

Sollte sich das Leitbild für die Wirtschaft in Deutschland künftig an Familienunternehmen orientieren?
Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos

Während immer mehr große Aktiengesellschaften mit negativen Zahlen über Arbeitsplatzabbau aufwarten und verstärkt ins Ausland investieren, hält der Mittelstand, meist in Familienbesitz, aber auch große Unternehmen in Familienhand, fast unbeirrbar den Kurs und dem Standort die Treue. Nicht das jene Firmen das Ausland meiden oder nicht dort ihre Chancen nutzen. Das tun sie gekonnt, fühlen sich aber gleichzeitig Deutschland verpflichtet. Die Politik hört und hofiert seltsamerweise die Chefs von großen Aktiengesellschaften, wie Prof. Brun-Hagen Hennerkes von der Stiftung Familienunternehmen sagte. In der vordersten Reihe der Politik sind die Vertreter großer Aktiengesellschaften. Die Stiftung hat in einer kürzlich erstellten Studie, die wir im Folgenden vorstellen, interessante Erkenntnisse gewonnen.

Standortfaktoren von Familienunternehmen im OECD-Vergleich:
Deutschland ist Spitze in Infrastruktur und Finanzierung - Schlusslicht bei Regulierungsdichte

Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) eine internationale Benchmark-Studie zu Standortfaktoren von Familienunternehmen erstellt. Prof. Dr. Brun-Hagen Hennerkes, Initiator und Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, erklärt Anspruch und Ziel der Studie: "Unser Länderindex ist für Familienunternehmen wichtig, weil auch diese im Zeitalter der Globalisierung internationale Standortstrategien verfolgen und mit globalen Wettbewerbern konkurrieren. Darüber hinaus bildet die Benchmark-Studie als Index die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ab und ist somit ein objektives Messinstrument für die Wirkung der deutschen Wirtschaftspolitik."

Platz 12: Deutschland im unteren Mittelfeld
Das ZEW hat fünf Standortfaktoren in 18 OECD-Staaten vergleichend analysiert. Die nun vorgelegte Aktualisierung des Länderindex aus dem Jahr 2006 geht dabei über eine reine Fortschreibung hinaus. Zu den Indizes Steuern, Arbeitskosten, Regulierung und Finanzierung wurde auch der Bereich der öffentlichen Infrastruktur aufgenommen. Aus diesen fünf Indizes baut sich ein Gesamtindex auf, an dessen Spitze Großbritannien, Dänemark und die Schweiz stehen. Deutschland nimmt einen relativ schlechten 12. Platz ein, und hat sich im Vergleich zum Jahr 2006 nicht verbessert (Abb. Gesamtindex).

Abb. 1: Gesamtindex tabellarisch
© Stiftung Familienunternehmen

"Ohne den Einbezug der Infrastruktur wäre Deutschland auf Rang 16 abgerutscht, weil die Reformbemühungen anderer Staaten mit größerem Erfolg vorangekommen sind", so Dr. Friedrich Heinemann, ZEW-Studienleiter des Länderindex.

Prof. Dr. Brun-Hagen Hennerkes kommentiert das erschreckend schlechte Abschneiden von Deutschland als Standort für Familienunternehmen mit einem Appell an die Politik: "Die gute Konjunkturlage der letzten beiden Jahre sowie die optimistischen Wachstumsprognosen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die strukturellen Rahmenbedingungen für den Standort Deutschland dringend verbessert werden müssen. Der Länderindex zeigt: Die Welt steht nicht still, viele andere Länder haben erkannt, dass sie etwas für Familienunternehmen tun müssen."

Problem Nummer 1: Zu viel Regulierungsdichte
Für das schlechte Abschneiden Deutschlands im Gesamtvergleich ist aus Sicht des ZEW vor allem die hohe Regulierungsdichte verantwortlich. Hier ist Deutschland fast Schlusslicht innerhalb der 18 OECD-Staaten, nur Italien schneidet noch schlechter ab.

Abb. 2: Schlusslicht Deutschland im Subindex "Regulierung", lediglich in Italien ist die Regulierungsintensität noch höher.
© Stiftung Familienunternehmen

In diesen Subindex sind die Faktoren Arbeitsmarkt, Tarifrecht, Doing Business, betriebliche Mitbestimmung sowie die Regulierung des Produktmarktes eingeflossen. "Nirgendwo sonst werden Einstellungen und Kündigungen von Arbeitnehmern durch Bestimmungen und Vorschriften so stark beeinflusst wie in Deutschland. Und auch die Tendenz zu Flächentarifverträgen ist nur noch in Österreich stärker ausgeprägt", referiert Heinemann. Das gehe auf Kosten der Flexibilität, die gerade für Familienunternehmen besonders wichtig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben und dynamisch zu wachsen. Die geringste Regulierungsdichte des Arbeitsmarktes hat in diesem Vergleich die Schweiz, gefolgt von Dänemark und den USA. "Vor diesem Hintergrund erscheint die Einführung eines Mindestlohns kontraproduktiv, bedeutete dies doch einen weiteren Regulierungsschub!", gibt Hennerkes zu bedenken. Freilich gibt es auch Gegenargumente.

Hochsteuerland Deutschland?
Das ZEW hat in den Index Steuern verschiedene Subindizes einbezogen wie die Steuerbelastung bei nationaler und grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit, die Komplexität des Steuersystems sowie die Erbschaftsteuer, die vor allem für Familienunternehmen von größter Bedeutung ist. Deutschland nimmt im Index Steuern mit Platz 12 den gleichen, relativ schlechten Platz ein wie im Gesamtranking.

Abb. 3: Steuerbelastung
Beim Ländervergleich der Steuerbelastungen im Erbfall belegt Deutschland den 14. Platz. Dieses Ergebnis ist in erster Linie auf die vergleichsweise geringen sachlichen Vergünstigungen für Unternehmensvermögen und den hohen Steuertarif zurückzuführen.

© Stiftung Familienunternehmen

Erbschaftsteuer bleibt Achillesferse für Deutschlands Familienunternehmen
Die Unternehmenssteuerreform habe, so Heinemann, zwar moderate Verbesserungen gebracht, hiervon profitierten aber in erster Linie die Kapitalgesellschaften. Familienunternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft hingegen leiden unter der Mehrbelastung, die mit den steuerbedingten Entnahmen durch die Anteilseigner verbunden sind. "Die derzeit angestrebte Reform verspricht wenig Gutes, wenn ich an die 15-jährige Auflage denke, an die die Entlastung der Betriebe künftig geknüpft werden soll. Diese vom deutschen Gesetzgeber vorgesehenen "Wohlverhaltenspflichten" sind weit härter als alle bisher diskutierten Varianten und die im internationalen Vergleich üblichen Modelle. Das raubt den deutschen Familienunternehmen ihre Fähigkeit, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren - ein Vorteil, der sie häufig auszeichnet.
Kommt das Gesetz in unveränderter Form, wird Deutschland weiter abrutschen, so das Ergebnis der Studie. In Luxemburg, Schweden, Österreich sowie in der slowakischen und tschechischen Republik bleiben Erben steuerfrei, andere Länder wie Großbritannien, Belgien oder Irland haben deutliche Erleichterungen für Familienunternehmen geschaffen und begegnen damit der Gefahr der Abwanderung.

Trotz der Lohnkostenzurückhaltung der letzten beiden Jahre schneidet Deutschland auch bei der vergleichenden Analyse von Arbeitskosten und Produktivität schlecht ab (Rang 16). Hierfür sind vor allem die überdurchschnittlich hohen Personalzusatzkosten verantwortlich. Im direkten Vergleich ist Deutschland mit 41,50 Euro pro Stunde teurer als die durchschnittliche Arbeitsproduktivität aller 18 betrachteten Länder, die bei einem Wert von 38 Euro/Std. liegt.

Gut: Infrastruktur und Finanzierungsmöglichkeiten
Gut schneidet der Standort Deutschland im Bereich der Finanzierung (Rang 5) und sehr gut im Index Infrastruktur (Rang 4) ab. "Das stabile rechtlich-institutionelle Umfeld und die hohe Qualität der unternehmensnahen Infrastruktur gilt es weiter zu stärken, denn hier liegen die positiven Effekte für den Gesamtindex", mahnt Heinemann und verweist auf die rasante dynamische Entwicklung von benachbarten Ländern wie beispielsweise die Slowakische Republik.

Aufholbedarf für den Standort
Im direkten Vergleich mit der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2006 können die Benachteiligungen von Familienunternehmen wissenschaftlich belegt und die deutsche Wirtschaftpolitik an den Maßnahmen anderer Länder gemessen werden. Die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland müssen weiter verbessert werden, damit Familienunternehmen international mithalten können, so das Fazit des Berichtes der Stiftung Familienunternehmen aus dem Juni 2008.

Stabilität versus Überregulierung scheint ein Dilemma zu sein. Keine einfache Aufgabe für die Politik. Die Vorteile des Standortes Deutschland (die stabilen Rahmenbedingungen) scheinen einige Nachteile mit sich zu bringen.


 
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Praxis-vor-Ort:

Nemak Dillingen: Macht Motoren leichter - Der Erfolgsweg des neuen Qualitäts- und Produktionssystems

Am 8. Mai 2008 lud die GfPM im Rahmen der Veranstaltungsreihe Praxis-vor-Ort zur Nemak Dillingen GmbH & Co. KG ein. Als Gastgeber gab Dr. Klaus Lellig, Geschäftsführer von Nemak Dillingen den Teilnehmern einen umfassenden Einblick in das erfolgreich umgesetzte Qualitäts- und Produktionssystem.

Die Nemak Dillingen GmbH & Co. KG gehört zum weltweit tätigen Nemak Konzern, dem Hersteller von Getriebegehäusen, Zylinderköpfen und Zylinderkurbelgehäusen.

Produktionsstandort Nemak Dillingen

Nemak Dillingen wurde 1992 gegründet und ist eine technologisch weltweit führende Gießerei für Zylinderköpfe und Zylinderkurbelgehäuse für PKWs. In der Unternehmensgruppe ist Nemak Dillingen der Spezialist für die Großserienfertigung von leistungsstarken Diesel-Zylinderkurbelgehäusen aus dem Leichtbauwerkstoff Aluminium im Kernpaketverfahren. Hierbei wird ein Binder-Sand-Gemisch zu Formen gepresst und anschließend mit Hilfe eines Katalysators innerhalb von Sekunden ausgehärtet. Nach dem Gießprozess zerfallen die Kerne und der Sand kann zu 98 % wieder verwendet werden. Durch das Verfahren lassen sich anspruchsvolle und komplexe Motorenkonstruktionen verwirklichen, erläuterte Geschäftsführer Dr. Klaus Lellig. Mit rund 800 Mitarbeitern fertigt das Unternehmen am Standort Dillingen auf drei Produktionslinien sowie einer Pilotanlage, auf der zum Beispiel Prototypen in seriennaher Fertigung gegossen werden.
Pro Jahr werden ca. 2,1 Mio. Gussteile hergestellt.

Kernmontage im V-Werk
Fotos: Nemak Dillingen


Nach einer ausführlichen Unternehmenspräsentation von Dr. Lellig und der anschließenden Vorstellung des Qualitätssicherungs- und Produktionssystems von Dr. Kube, Leiter des Produktentwicklungszentrums, führten sie die Teilnehmer durch die Gewerke. Die Teilnehmer zeigten großes Interesse für das Kernpaketverfahren. Dieses bietet den entscheidenden Vorteil, dass mögliche Bauteile, wie z. B. vorgegossene Kanäle sich bei technisch anspruchsvollen und komplexen Motorkonstruktionen integrieren lassen. Den gesamten Ablauf der Kernprozesse wie Kernmacherei, Gießerei, Wärmebehandlungsofen, Entgraten sowie der anschließenden Oberflächenbearbeitung verfolgten die Teilnehmer interessiert. Die angestrebte führende Position im Umweltschutz innerhalb der Industriebranche war während des Rundgangs deutlich erkennbar. Das Unternehmen hat es sich auf die Fahne geschrieben, so umweltgerecht und ressourcensparend wie möglich zu produzieren und verfolgt die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung. Das gilt sowohl für die Umweltperformance des Werkes als auch für die Umweltverträglichkeit der Produkte.

Hoch qualifizierte Mitarbeiter, strenge Qualitätssicherungssysteme und vor allem das nötige Gespür für technologische Trends zeichnen die in Dillingen ansässige Aluminiumgießerei aus. Dabei stehen ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Anforderungen für das Unternehmen nicht im Widerspruch zueinander.

In der hauseigenen Entwicklungsabteilung und durch die enge Zusammenarbeit mit einem Kunden gelang in 2004 erstmals in der Branche die Großserien-Fertigung von leistungsstarken V-Diesel-Zylinderkurbelgehäusen aus dem Leichtbauwerkstoff Aluminium. Dieser Vorstoß in den Dieselmotorenbereich gilt als zukunftsweisend - heute entfällt bereits ein Drittel der Produktion des Unternehmens auf Zylinderkurbelgehäuse für Dieselfahrzeuge, Tendenz steigend. Durch den signifikanten Gewichtsvorteil gegenüber herkömmlichen Grauguss-Konstruktionen tragen Zylinderkurbelgehäuse aus Aluminium zur Senkung der CO2-Emissionen bei.

Rund 30 Veranstaltungsteilnehmer diskutierten mit der Geschäftsleitung und den Verantwortlichen Vorgehensweisen, Ziele sowie die Umsetzung am Standort Dillingen. Die Teilnehmer konnten live erleben, wie die entwickelten Qualitätsstrategien in der Praxis gelebt werden. Die Mitarbeiter produzieren eigenverantwortlich und stellen die Prozessstabilität sicher. Durch eine umfangreiche Visualisierung in der Fertigung werden die Mitarbeiter aktiv in die Prozesse eingebunden und beteiligen sich intensiv am kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Für die äußerst interessante Veranstaltung und die spannenden und interessanten Diskussionsbeiträge möchten wir uns nochmals bei allen Teilnehmern und bei den Verantwortlichen von Nemak Dillingen, insbesondere beim Geschäftsführer Dr. Klaus Lellig und dem Leiter des Produktentwicklungszentrums Dr. Detlef Kube, herzlich bedanken.

Maren Seidel,
IPL Prof. Schmidt GmbH



 
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Hochschulnachrichten:

Neue Studiengänge entwickeln: ein mühsamer Prozess
Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos

Überall in Deutschland werden Diplom-Studiengäne abgeschafft und durch Bachelor und Master ersetzt. Die neuen Studiengänge unterliegen jedoch auch einem Redesign-Prozess nach einigen Jahren "Betrieb." Ein derartiges Redesign wird hier als Prozess beschrieben:

Der Redesignprozess eines entgeltpflichtigen, postgradualen Studienganges mit Schwerpunkt "Technologie-Transfer" hat nicht nur curriculare Gesichtspunkte und Empfehlungen der Akkreditierungskommission zu berücksichtigen, sondern muss einer Wettbewerbsstrategie folgen. Die zwingende Notwendigkeit einer Strategie leitet sich aus der z. T. frontalen Konfronta-tion mit Universitäten, die um dieselben Kunden werben. Der Autor berichtet aus seinen Erfahrungen als Leiter des MSc-Studien-ganges "International Technology Transfer Management."

Kurze Beschreibung des Studienganges:
Bei dem Studiengang International Technology Transfer handelt es sich um einen akkreditierten MSc., der in englischer Sprache angeboten wird. Er richtet sich an Universitäts- und FH-AbsolventInnen mit ingenieur- oder naturwissenschaftlichem Abschluss (z. T. mit Berufserfahrung) aus Deutschland und aus dem Ausland und führt in drei Semestern zum Abschluss "Master of Science." Der Studiengang wurde im Jahr 2002 erstmals akkreditiert und erneut in 2007; er ist jetzt im zehnten Jahr seit seiner Gründung.
In den ersten Jahren seines Bestehens wurde z. T. in englisch unterrichtet; dieser Modus wurde dann stufenweise verworfen, da weder die Studierenden noch die Lehrenden mit dem Ergebnis zufrieden waren. Heute wird ausschließlich in englisch unterrichtet.
Verankert ist ITTM im Fachbereich Maschinenbau, Verfahrens- und Umwelttechnik, einer der größten und traditionsreichsten der TFH in Berlin. Mitwirkungspartner ist der Fachbereich I der TFH (Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften). Die Intention (Mission) des Studienganges ist, einen Beitrag zur effizienten und effektiven Gestaltung von Technologie-Transfer Projekten zu leisten, indem auf die relevanten Prozesse des Technologie-Transfers in mehrfacher Hinsicht abgestellt wird:

  • in kommunikativer,
  • in organisatorischer,
  • in psychologischer,
  • in rechtlicher,
  • in sozio-kultureller und
  • in ökonomischer Hinsicht.

Frühzeitig mussten wir beschließen, was wir inhaltlich nicht leisten konnten und wollten, nämlich die Vermittlung von Know-how in einzelnen Technologien, z.B. in Zerspanung oder Laserschweißen, in Recycling oder CAD.
Technologie-Transfer haben wir als Geben und Nehmen verstanden, im partnerschaftlichen Sinne auf gleicher Augenhöhe und nicht im Modus eines dominanten "Technologieimperators" (Deutschland), der seine führende Technologie den "Unterentwickelten" gibt. Somit ist auch klar, dass eine Reduktion des Technologie-Transfer-Managements auf rein ökonomische oder Vertriebs- Gesichtspunkte nicht zutreffend sein würde.

Eine "klassische" Definition von Technologie-Transfer, die die Übertragung von technologischem und technologiebezogenem Know-how zwischen Partnern versteht, war für unseren Einstieg in die Materie nützlich, aber nicht ausreichend. Bei der internationalen Interaktion in Technologie-Transfer-Projekten sollte ein kultureller Austausch stattfinden und auch ein mentales Verständnis des / der (Vertrags)partner(s). Die Erfahrungen der Studiengangleitung mit anderen Kulturen (Deutschland, Japan) sowie die Erfahrung weiterer Aktivisten der ersten Stunde (mit der amerikanischen Kultur, mit China) sowie durchgeführte Weiterbildungsprojekte des Fachbereiches mit afrikanischen Teilnehmern war ein gutes Fundament für diese innovative Initiative. Sie wurde zu einem Zeitpunkt gestartet, als der Begriff "Master-Abschluss" durchaus von MBA-Studiengängen bekannt war, aber ein "Master of Science" in einem derartigen Fachgebiet in Deutschland Neuland darstellte.

Regionaler Focus in Asien
Wie bereits durch den Namen des Studienganges signalisiert, ist der Focus international, dennoch war für den Start ein regionaler Schwerpunkt erforderlich. Die Entscheidung fiel auf Asien,: aus Gründen der persönlichen und institutionellen Verbindungen einiger Aktivisten und des Präsidiums in die Region zum einen, zum anderen aus Gründen der Glaubwürdigkeit und der Praktikabilität. Ein Fachbereich mit sehr begrenzten Mitteln kann nicht fundierte Verbindungen zu allen möglichen Regionen haben bzw. aufbauen. Hilfreich für den Start war eine frühzeitige Kooperation mit der Freien Universität Berlin, die ebenfalls eine Asien-Verbindung aufgebaut hatte, so dass Lehrkräfte als Lehrbeauftragte mitgewirkt haben. Ein "Ost-Asien-Kooperationszentrum", das der damalige Vizepräsident und Mitglied des Fachbereiches sowie Lehrkraft in ITTM aufgebaut hat, hat positive Impulse in diese regionale Richtung gebracht. Studierende aus China, Korea, Indonesien und Thailand konnten gemeinsam mit ihren deutschen Kommilitonen direkt das interkulturelle Leben studieren und praktizieren.
Im Kontext der EU-Ost-Erweiterung ist der Focus um die neuen EU-Länder erweitert worden und noch darüber hinaus in die Türkei. Die Bedeutung der EU-Erweiterung wurde in der Mitwirkung der Botschafterin von Estland in dem Beirat des Studienganges reflektiert, der ansonsten mit Industrievertretern international tätiger Unterneh-men (BMW, Holmberg, Schering, Carl Zeiss) besetzt worden ist.

Lehrveranstaltungen
Neben dem Schwerpunktfach "Technologie-Transfer" werden relevante Fächer (zwei Semester) z.B.: Internationale Wirtschaftsstrukturen / Unternehmensstrukturen und -philosophien im Vergleich, Unternehmensgründung, Multikulturelles Management, Innovationsmanagement, Internationale Unternehmensstrategien, Industrial Engineering, Wirtschaftsgeographie, Technische Logistik gelehrt.
Im dritten Semester erfolgt (mit einer Soll-Bearbeitungsdauer von drei Monaten) die Erarbeitung der Master-Thesis, die zusammen mit der anschließenden Abschlussprüfung ein Notengewicht von 40% trägt und somit signifikant ist.

Prozess zur Überarbeitung des Studienganges
Es ist durchaus üblich und nützlich neue Master Studiengänge nach einigen Jahren Erfahrung zu überarbeiten, erst Recht, wenn Neuland betreten wurde. Die Impulse zur Überarbeitung kamen sowohl aus der sehr gründlichen Auseinandersetzung mit der Akkreditierungskommission als auch auf Basis unserer eigenen Beobachtungen, dem Gespräch mit unseren Kunden (den Studierenden und potentiellen Arbeitgebern) und nicht zuletzt durch die Beschlüsse der KMK, die über die Berliner Senatsverwaltung zu uns in Form von Empfehlungen kommuniziert wurden.
Für das Redesign wurde ein dreiköpfiges Team gebildet, wobei naturgemäß der größte Teil der Veränderungen über den Studiengangleiter zur Diskussion gestellt wurde, zunächst im kleinen Kreis und dann in den institutionellen Gremien der Hochschule.
Hilfreich waren Erkenntnisse aus einem Benchmarking- Forschungsprojekt und auch die Tätigkeit in einem Gremium des griechischen Ministeriums für Bildung, das - besetzt mit international lehrenden ProfessorInnen - mit der Evaluation von EU-Fördermittel-Anträgen griechischer Universitäten beauftragt war. Ziel: die "Verbesserung von Lehre und Forschung."
Der gesamte Prozess des Redesign hat ca. zwei Jahre gedauert.

Strategische Überlegungen
Wissenschaftliche Grundlage neben der "eigenen" Erfahrung des Fachbereichs waren die Gedanken von Michael Porter (Harvard Business School), die hier in englischer Sprache wiedergegeben werden (in den Büchern von Porter ausführlicher beschrieben):

Five Tests of a Strategy

Zu 1: Einzigartig im Vergleich zum Wettbewerb
Der Studiengang ist (nach wie vor) der einzige, akkreditierte, postgraduale für internationales Technologie-Transfer-Management im deutschsprachigen Raum, der einen MSc-Abschluss ermöglicht und zudem zu einer Laufbahn im höheren Dienst berechtigt. Für den MSc. ist insbesondere die Konzeption und Umsetzung von relevanten Forschungsaktivitäten unter Beteiligung von Studierenden eine signifikante Herausforderung, die mit knappen Ressourcen umzusetzen ist. Der fehlende Unterbau, gegenüber den klassischen Universitäten (Assistenten mit Planstellen und insbesondere Doktoranden) sowie das ungleich höhere Lehrdeputat an den FH bilden große Barrieren in Bezug auf die dauerhafte Erfüllung eines qualitativ hohen Anspruchs. Hinzu kommt die Missgunst seitens Universitätskollegen, die (m. E.) schlichtweg derartige Masterstudiengänge als ihr "Hochheitsgebiet" ansehen und Kooperationen gegenüber, z.B. bei Promotionsprojekten, äußerst distanziert sind. Ganz zu schweigen von dem Wettbewerb mit Universitäten im englischsprachigen Raum, die auf ihre "Master-History" setzen.

Zu 2: Differenzierte Wertschöpfungskette
Die Differenzierung vom Wettbewerb muss in der gesamten Prozesskette erfolgen, also vom ersten Erscheinungsbild im Internet über die Kontaktbildung bis hin zur Immatrikulationsarbeit (in englisch!).
Die Wertschöpfungskette muss sowohl der kritischen Bewertung unserer Kunden als auch der Lehrenden und der Aufsichtsorgane Stand halten. Wir haben einige Besonderheiten zu bieten:

  • es wird ein einziger Kurs pro Jahr mit maximal 22 Studierenden und jeweils im Oktober gestartet
  • Lehrkräfte bringen viel interkulturelle Erfahrung und spezifische Projekterfahrung im Technologie-Transfer mit
  • Master-Arbeiten finden in Deutschland und im Ausland statt
  • (Weitere Elemente sind in Arbeit, insbesondere die Schaffung eine ITTM Alumni Organisation)

Zu 3: Was machen wir nicht?
Wir haben entschieden, keine Inhalte zu einzelnen Technologien zu bieten (wie bereits erwähnt) und keine Studierenden mit reinem "BWL"-Abschluss aufzunehmen.

Zu 4: Aktivitäten mit positiver Interdependenz (Synergie-Effekte)
Traditionell verfügt der Fachbereich über gute Industriekontakte, die sowohl für die Studiengänge des ersten Studiums als auch für diesen weiterbildenden genutzt werden. Die erzielten Einnahmen (1.500,- € pro Se-mester) werden gezielt für den Studiengang und seine Weiter-entwicklung verwendet, z.B. indem Englisch unterrichtet in Kleingruppen oder Einzelunterricht bei einem spezialisierten Sprachinstitut für Lehrkräfte und Mitarbeiter/innen gebucht wird. Die Information unserer Alumnis aus grundständigen Studiengängen über diesen Studiengang soll als weiterer "Recruitment-Kanal" genutzt werden, zumal ab 2005 keine Studierenden mehr ohne relevante Berufserfahrung aufgenommen werden.
Das Synergie-Potenzial ist bei weitem nicht ausgeschöpft: So ist eine verstärkte Verbindung zu der Technologie-Transfer Stelle der TFH und anderer Einrichtungen in Berlin-Brandenburg opportun wie auch Kooperationen mit komplementären Institutionen der privaten Wirtschaft, z.B. Verbänden.

Zu 5: Kontinuität
Die Kontinuität ist uns bisher gelungen ohne eine einzige Unterbrechung des Lehrbetriebs seit dem Beginn, was nicht unbedingt selbstverständlich ist (für weiter bildende Studiengänge).

Lessons learned
Die Entwicklung und der Betrieb eines Studienganges für das Management von Technologie-Transfer im internationalen Kontext mit MSc.-Abschluss ist ein Experiment, das sowohl Chancen als auch Grenzen aufzeigt. Wir haben den Weg begonnen und brauchen weitere "Mitstreiter" sowie flankierende Unterstützung seitens der Politik, z.B. hinsichtlich des Stellenwertes von Fachhochschulen, nicht zuletzt im Kontext von Elite-Uni-versitäten!

Die Änderungen an Unis und Hochschulen durch die Abschaffung von Diplom-Studiengängen und die Einführung von Bachelor und Master sind z. T. mit erheblichen "Geburtswehen" verbunden. Problematisch ist das Kastendenken in Deutschland ("Unis" und Fach-Hochschulen).


 
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Länderbericht: TAIWAN

Wer kann sich noch an die preiswerten Elektronik-Produkte, die pfiffigen Spielzeuge und die Consumer-Elektronik der 70er erinnern? Welches Land war führend als Hersteller? Taiwan.

Seit der Öffnung Chinas für ausländische Investoren ist das kleine Land mit den vielen fleißigen Menschen etwas in den Hintergrund gerückt worden. Im Schatten des Riesen China ist Taiwan eifrig bemüht, seinen Stellenwert in der Ländergemeinschaft zu verteidigen, muss aber auch in Deutschland mit großen Schwierigkeiten kämpfen: mit Rücksicht auf China wird Taiwan politisch nicht anerkannt, darf keine Botschaft in Deutschland unterhalten, sondern nur eine Wirtschaftsrepräsentanz. Noch schlimmer, führende Politiker des Landes dürfen nicht oder nur nach langwierigen Prozeduren nach Deutschland einreisen. Die technologisch-wirtschaftlichen Aktivitäten von Taiwan im Ausland werden aktiv vom ITRI Institut, ähnlich der Fraunhofer Gesellschaft, unterstützt.

Kontakt:
Ms Mei-Huey Chen
Industrial Technology Research Institute
Tel: 030 86093614 /
www.itri.de

Kurzinfos zu Taiwan
Die Insel Taiwan (Republik China) erstreckt sich über eine Fläche von 35.801km2 (zum Vergleich: die Fläche Baden-Württembergs beträgt 35.752 km2). Heute leben in Taiwan knapp 23 Mio. Menschen. Die überwiegende Mehrheit davon sind ethnische Han-Chinesen. Die Bevölkerungsdichte Taiwans: 633 Einwohnern pro qkm. Weite Teile der gebirgigen Insel sind fast unbewohnt; die im Norden liegende Hauptstadt Taipeh hingegen ist extrem dicht besiedelt (2.491.660 Ein-wohner, 2006). Die offizielle Sprache (Amtssprache) ist chinesisch. Seit dem 5.7.08 gibt es erstmals nach 60 Jahren wieder Direktflüge von China nach Taiwan.



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