GfPMagazin September 2010


Themenauswahl:

Leitthema:Personalmanagement in der Logistik:
Vom innerbetrieblichen Transport bis zur Supply Chain Finanzierung
Praxis vor Ort:Weltklasse Produktion in Berlin
Bremssysteme für den Schienenverkehr
Thema:Mobilität und Flexibilität in der Montage
Thema:BAG begräbt Tarifeinheit
Thema:Innovatives Kommissioniersystem



Leitthema:

Personalmanagement in der Logistik:
Vom innerbetrieblichen Transport bis zur Supply Chain Finanzierung

Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos

Das Personalmanagement in der Logistik muss heute ein Spektrum an Aufgaben abdecken, das stetig zunimmt - allein die Herausforderungen für die Aus- und Weiterbildung in den Komponenten

  • Ausbildung
  • Weiterbildung respektive Fachtraining
  • Managemententwicklung
sind äußerst dynamisch.

Hierbei geht es kurz gesagt um die Ausbildung, Entwicklung und Förderung von Mitarbeitern und Führungskräften mit dem Ziel, das Überleben und geordnete quantitative/qualitative Wachstumsveränderungen (also auch rückläufige Umsätze) der Unternehmung sicherzustellen.

Vor einigen Jahrzehnten konnten die ausgebildeten Mitarbeiter und Führungskräfte in den Unternehmen noch annehmen, dass ihre einmal erworbene Qualifikation für das ganze Berufsleben ausreichte; heute veraltet jedoch das angelernte Wissen und erprobtes Können immer schneller. Der zunehmende Wandel bedingt Änderungen in den Anforderungen eines Arbeitsplatzes, wodurch sich auch neue Schwerpunkte in den Erwartungen und Ansprüchen von Mitarbeitern und Führungskräften durch die Unternehmen ergeben.
Die Arbeitnehmer müssen sich diesem Veränderungsprozess stellen; von ihnen wird erwartet, dass sie

  • sich auf neue Tätigkeiten respektive Anforderungen einstellen, die noch vor wenigen Jahren nicht Bestandteil der Logistik waren,
  • den Wandel der Arbeitsbedingungen akzeptieren und aktiv unterstützen (bis hin zum Outsourcing als Gefahr für ihre eigenen Arbeitsplätze),
  • in ihrer beruflichen Situation beweglicher werden, um sich so auf neue Situationen einstellen zu können.

Im Vordergrund stehen immer mehr Leitworte wie "live-long-learning" oder "education permanente". Zusätzlich nehmen die Aufgaben, die eine stärkere Zusammenarbeit erfordern, ständig zu. Von den einzelnen Individuen einer Organisation wird eine erhöhte Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit und Bereitschaft erwartet. Der Wandel der Arbeitswelt bedingt aber neben Entwicklungen der Qualifikation auch Änderungen im Verhalten der Mitarbeiter. Themen, die durch ein gestaltendes Personalmanagement geordnet werden sollten.

In Deutschland ist allerdings das Personalmanagement in den letzten Jahren mehr und mehr in den Hintergrund getreten; seine Aufgaben sind zum Teil in der Linie integriert worden. Es ist jedoch keineswegs selbstverständlich, dass die Linienverantwortlichen der Logistik bzw. des SCM sich erfolgreich diesen Aufgaben stellen können. Gleichwohl wird sich ein zukunftsorientiertes Personalmanagement, wo auch immer wahrgenommen, den Herausforderungen der Zeit stellen müssen, wenn die Schlüsselprobleme unserer Zeit, nämlich sinnerfüllte Arbeit für die Individuen und höhere Effektivität für die Unternehmen, gelöst werden sollen. Im Kontext des Wandels in der Logistik bedeutet dies für die betriebliche Ausbildung:

  • Konsequente bildungspolitische Aktivitäten auf dem Gebiet der Entwicklung neuer Berufsbilder, die den betrieblichen Erfordernissen gerecht werden, sowohl auf Bachelor als auch auf Master-Level, die Meister Ausbildung nicht zu vergessen sowie die Lehre
  • Vorbildliche Vermittlung gemäß der gültigen (und hoffentlich aktuellen) Ausbildungsordnung entsprechenden Inhalten in bestehenden Ausbildungsberufen bei gleichzeitiger Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die nicht ausreichend in der Ausbildungsordnung vorgesehen, aber unbedingt erforderlich sind, z.B. Risikomanagement oder Operations-Improvement Methoden;
  • Didaktisch/methodisch ausgefeilte Unterweisungsformen, die unterschiedliche Lernvoraussetzungen, Leistungsniveaus, Lernverhaltensmerkmale usw. zu berücksichtigen erlauben und zugleich Selbständigkeit und Kooperationsfähigkeit fördern.

Jedoch nicht nur die Ausbildung junger Menschen ist Aufgabe des Personalmanagements, sondern auch die Weiterbildung der tätigen Mitarbeiter; hierzu gehören das Fachtraining und die Managemententwicklung. Für das Fachtraining bedeutet dies am Beispiel des Supply Chain Managements:

  • teilnehmerorientierte und praxisrelevante Seminare von der IT, der Lagertechnik über die Distribution, Beschaffungs- und Produktionslogistik, Verpackung, Lagerhilfsmitteln bis hin zu Zollfragen, zur Kommunikation mit 3PL (Dienstleistern) unter Verwendung von Übungstools, RFID und Simulationsverfahren, Wertanalyse und Supply Chain Finanzierung
  • adressatengerechte Fach-Seminare zu Unternehmen und Umfeld, zu angewandten Systemen, Produktionsplanung- und Steuerung in Netzwerken, ferner zu Verfahren, Methoden, Arbeitstechniken, ABC-XYZ Analyse usw.;
  • offene Seminare, die personen- und problemorientiert Eigenschaften und Verhaltensweisen wie Kontaktfähigkeit, Aufgeschlossenheit, Kooperationsfähigkeit, Verhandlungsführung (und Führung überhaupt) thematisieren und damit

    - fachliche,
    - methodische und
    - soziale Kompetenz

    sinnvoll miteinander verknüpfen.

Soll die fachliche Weiterbildung der Erhöhung des allgemeinen Bildungsniveaus, Förderung der fachlichen Qualifikation, Schaffung selbständig handelnder Mitarbeiter usw. dienen, so muss sie sich einer Didaktik und Methodik bedienen, die sich an Praxisnähe, an konkreten Arbeitsplatzproblemen, an unbürokratischer und flexibler Vorgehensweise orientiert; hierbei sollte das Lernen an konkreten Gegenständen, an akuten Problemen und durch die Praxis wegen der hohen Transferqualität im Vordergrund stehen.

Personalmanagement ist nicht nur Aus- und Weiterbildung resp. Fachtraining, sondern auch Managemententwicklung. Unter Management Development sind alle Aktivitäten einer Unternehmensleitung zu verstehen, die darauf gerichtet sind, die Qualität der Führungsgruppe des Unternehmens kontinuierlich den aktuellen Anforderungen anzupassen, auf zukünftige Aufgaben hin vorausschauend zu entwickeln und in Übereinstimmung mit der Unternehmensplanung eine ausreichende Anzahl von zukünftigen Führungskräften für das Unternehmen zu gewinnen.
Allerdings gibt es hier verstärkt Akzentverschiebungen. Wurde früher unter Managemententwicklung oftmals nur Personalentwicklung für Führungskräfte, also Aufstiegs-Fortbildung, verstanden, so wird zukünftig die Anpassungs-Fortbildung einen anderen Stellenwert besitzen. Denn gerade auch die Einbeziehung der Fürungskräfte in den sozio-ökonomisch-technischen Wandel und seine aktive Bewältigung wird aufgrund der Komplexität gesellschaftlicher Veränderungen und ihrer Auswirkungen auf die Unternehmen immer wichtiger, ohne, dass damit zugleich Aufstiegschancen für den Einzelnen verknüpft sein müssen.

Im Kontext des "neuen" Materialmanagements bedeutet dies, dass die Führungskräfte der Unternehmen - bis hin zu den Vorständen - den Bedeutungswandel der Logistik mittragen müssen. Hierzu reicht es nicht aus, sie mit Kompetenzen auszustatten, um die Logistik-Konzepte durchzusetzen; vielmehr kommt es darauf an, die Managementarbeit selbst zu verändern: nicht mit selbstherrlicher Anordnung, Planung und Entscheidung, sondern mit der Einbeziehung der Mitarbeiter in den Planungs- und Entscheidungsprozess, mit partizitiver Führung, sind die Logistik-Konzepte zu realisieren.
Sowohl für die Ausbildung als auch für die Weiterbildung und Managementschulung hat es sich gezeigt, dass es nicht genügt, den einzelnen Mitarbeiter oder die einzelne Führungskraft zu schulen oder zu trainieren, wenn sein Arbeitsfeld, in dem er das Gelernte anwenden soll, unverändert bleibt oder wenn es zu spät ist; dies gilt insbesondere für die Netzwerk-Aufgaben der Logistik. Es ist von daher nur folgerichtig, die ganze Gruppe, die Abteilung, den ganzen Betrieb oder das Supply Chain Netzwerk zu "trainieren", und zwar nicht nur partiell, etwa im Hinblick auf eine bestimmte fachliche Fähigkeit, sondern umfassend, also im Hinblick auf eine höhere Arbeits-Effektivität, auf eine bessere Zusammenarbeit und geordnete Arbeitsabläufe usw. Die Schulungsarbeit verändert sich, sie wird zu einer betriebsumfassenden Lernstrategie; die Unternehmung entwickelt sich zum "lernenden System" und zwar unter Einbeziehung von Kunden und Lieferanten.

Es ist dies umso erforderlicher, da der Bedeutungswandel des Materialmanagements auch Organisationsveränderungen nach sich ziehen wird, bei denen es nicht genügt, Arbeitsabläufe als IST-Aufnahme aufzunehmen oder Organisationspläne zu zeichnen.

Organisationsstrukturen und -veränderungen müssen von Mitarbeitern, die an diesen Regelungen und Veränderungen betroffen sind, auch akzeptiert werden, was sie nur effizient tun, wenn sie in den Veränderungsprozess selbst aktiv einbezogen werden.

Organisationsentwicklung (OE): adaptive Zielanpassung
Organisationsentwicklung ist eine Strategie, ein neuer Weg - über das Personalmanagement hinaus - zur Entwicklung von Organisationen (z.B. eines Unternehmens) mit dem Ziel einer aktiven und flexiblen Anpassung an die Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Umwelt.
Es ist eine Entwicklung im Sinne höherer Wirksamkeit der Organisation und größerer Arbeitszufriedenheit der beteiligten Menschen.

Anfang der 90er Jahre, als die Märkte hoch aufnahmefähig waren, wurden betriebliche Schwachstellen und Konflikte, vor dem Hintergrund eines guten Betriebsergebnisses leichter verkraftet. Heute, wo mit allen Mitteln um Marktanteile (oder schlicht um das Überleben) gekämpft wird, die Technologie rasch fortschreitet und auch die Rollen der arbeitenden Men-schen sich durch die Globalisierung verändert haben, wird der Druck der Umwelt auf die Unternehmung so stark, dass der Vollzug oder Nichtvollzug von Veränderungen zur Existenzfrage wird.

Insbesondere die Veränderungen der Umwelt wie:

  • neue Global Player,
  • das Internet sowie die Digitale Produkt- und Fabrikentwicklung,
  • Veränderungen der nationalen Märkte,
  • verschärfter und z.T verzerrter Wettbewerb,
  • teuere Rohstoffe und Energie,
  • kürzere Lebensdauer von Produkten,
  • abnehmende Kunden-Loyalität,
  • heftige Finanzturbulenzen,
  • mehr Umweltbewusstsein,
  • veränderte Beziehungen in der Lieferkette,
  • neue Machtpotentiale, usw.

bedingen eine Organisation, die anpassungs- und wandlungsfähig ist. Tatsächlich sind Organisationen jedoch meist gekennzeichnet durch Merkmale wie:

  • eindeutige, unverrückbare Machtverteilung,
  • hohe Arbeitsteilung und Spezialisierung,
  • relativ autoritative Führung,
  • starkes hierarchisches Denken,
  • begrenzte Kompetenzen auf mittleren und unteren Ebenen,
  • Problemverniedlichung oder -verdrängung,
  • Besitzstände

woraus sich eine Reihe von Schwächen ergeben (z.B. mangelnde adaptive Zielanpassung, ungenügende Informationen der Mitarbeiter, Zersplitterung der Leistungen, zerstörerisches Konkurrenzdenken, Entscheidungsfallen, unethisches Geschäftsgebaren, usw.).

Die Organisations- und Managementtheorien haben zwar immer wieder den o.g. Auswirkungen Rechnung zu tragen versucht und sich ständig weiterentwickelt, gleichwohl hat sich die Idee des geplanten organisatorischen Wandels unter Miteinbeziehung der in den Organisationen (Netzwerken) arbeitenden Menschen (Partner) in der Praxis noch nicht vollständig durchgesetzt und stößt teilweise auf Widerstände.

Dennoch, unternehmenspolitische Probleme werden mehr und mehr mit Organisationsentwicklungsmaßnahmen zu lösen sein wenn:

  • andere Strategien (z.B. Outsourcing oder verstärkte Aufgabe von Geschäftsfeldern) versagen,
  • Personalmanagement wegrationalisiert wird und
  • klassische "Management by"-Rezepte obsolet werden.

Für die Einführung oder für die Entstehung von OE-Maßnahmen in einem Unternehmen gibt es allerdings kein bestimmtes Schema; die Ausgangssituationen, die jeweiligen Problemstellungen und die Motivation der Beteiligten, die eine Weiterentwicklung ihrer Organisation erfordern, sind so unterschiedlich wie die Unternehmen selbst. Im Kontext des Bedeutungswandels des SCM bzw. der Logistik, scheinen die Chancen für die Einführung von OE-Maßnahmen hoch zu sein, ja sie liegen geradezu auf der Hand, muss doch die Veränderung geordnet zur Sicherung der Existenz stattfinden. Dies sollte gemeinsam mit wesentlichen "Mitspielern" im Netzwerk erfolgen.

 
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Praxis vor Ort:

Weltklasse Produktion in Berlin
Bremssysteme für den Schienenverkehr

Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos

Im Frühjahr hatten die Mitglieder der GfPM die Gelegenheit bekommen, sich das Werk der Knorr-Bremse in Berlin im Rahmen eines Fachbesuchs anzusehen.
Unter der Führung des Werkleiters, Dr. Krug, der mit berechtigtem Stolz den erreichten Stand seines Produktionssystems dargestellt hat, sind auch knifflige Fragen beantwortet worden, wie z.B. die Bedeutung und die Einbindung von Lieferanten, der Ausbau des Service, die Problematik der Kurzarbeit sowie personalpolitische Fragen.

Auch die Notwendigkeit der Harmonisierung der Projektlandschaft und die Konzeption der 5-Tage-Fabrik sind angesprochen worden. Die Idee für weitere Entwicklungen wird mit Kopf und Herz umgesetzt. Das ist gut für die Stadt Berlin und auch für die Universitäten und Fachhochschulen der Region, denn es findet eine echt fruchtbare Zusammenarbeit auf vielen Gebieten statt.


(Foto: Dr. Krug, Knorr-Bremse und Prof. Dr. Sokianos)



(Foto: Teilnehmer des Praxis vor Ort Treffens bei Knorr-Bremse)


 
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Mobilität und Flexibilität in der Montage
Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos

Nicht nur in Zeiten des schnellen Produktwandels ist eine schnelle Umrüstung und zügige Umbaufähigkeit einer Fabrik von Bedeutung, sondern das ist eine grundsätzliche Anforderung, die mehr oder weniger gut gelöst wird.
In Zusammenhang mit zeitgemäßen Produktionssystemen entwickelt sich die Fabrik mehr zu einem eher fragilen Gebilde. Vergleichen wir mal die Kleinmotorenfabrik der AEG von 1900 mit den heutigen Fujitsu Werk für die PC-Produktion in Augsburg. Selbstverständlich ist bei diesem Vergleich noch etwas anderes frappierend: Die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter hat dramatisch abgenommen. Die Arbeitsplatzgestaltung spielt selbstverständlich eine große Rolle bei der angestrebten Produktivität und Qualität. ERP und APS-Systeme sorgen für eine schnelle Reaktionsfähigkeit auf technische Änderungen und veränderte Kundenabnahmen. Es ist schwierig zu sagen, wann diese Veränderungsprozesse in ihrer Dynamik deutlich abnehmen werden. So lange der menschliche Erfindergeist sprudelt, wird es weiterhin Verände-rungen geben. Auf alle Fälle ist ein deutliches Aufwerten des Supply Chain Management angesagt bei gleichzeitiger Betrachtung der Liquiditäts- und Finanzierungsgesichtspunkte.


(Foto: M. Walter; Fujitsu Technology Solutions GmbH)



(Foto: Massenproduktion in der Kleinmotorenfabrik der AEG um 1900;
aus dem Buch: Maschinenwelt und Alltagsleben, von Hermann Glaser,
S.48,1981, Fischer Verlag)


Augenfällige Unterschiede zwischen den beiden Bildern: Die Anzahl der Mitarbeiter ist drastisch reduziert, bewegliche Module können für eine angemessene und schnelle Veränderung sorgen, die neue Fabrik ist gut klimatisiert und mit erheblich größerer Raumhöhe gebaut, es wird nichts auf dem Boden gestapelt. Was wir auf den Bildern nicht sehen, ist noch drastischer: Die Informatik führt quasi unsichtbar Materialfluß und Wertefluß in geordnete Bahnen.
Diese Ordnung wurde in der AEG Fabrik durch die Linienchefs sichergestellt. Damit sie die Übersicht behalten konnten, mussten die Arbeitsplätze schön in Reih und Glied angeordnet sein (der Begriff "Linienorganisation", der heute noch verwendet wird, stammt von dieser früheren Anordnung industrieller Arbeitsplätze ab). Was wir aus beiden Bildern auch nicht entnehmen können, ist der Grad der Fertigungstiefe, die Anteile der Zulieferungen bleiben verborgen. Wir wissen aber, dass heute ohne ein effizientes Lieferantennetz nichts funktionieren kann.
Die digitale Fabrik stellt einen weiteren, revolutionären Schritt dar, dessen Potentiale noch nicht ausgeschöpft sind. Verbunden mit der digitalen Produktentwicklung werden künftige Produktionsstätten digital entworfen und mit Hilfe der Simulation getestet. Der Aufwand ist sicher erheblich; das Verfahren hat auch seine Grenzen. Eine wesentliche liegt in der notwendigen Mitwirkung der Mitarbeiter bei der Gestaltung ihrer Arbeitsplätze: Wer mitgestalten kann, ist mit dem Ergebnis meist eher zufrieden. Aus diesem Grund wird zur Planung von Montagearbeitsplätzen immer häufiger die sogenannte "Kartonsimulation" eingesetzt. Hier werden durch Kartonargen dargestellte Tische, Werkbänke und Zuführungsgeräte, ergänzt um verschiebbare Rollwagen, die Arbeitsplätze von den künftigen Montagemitarbeitern selber ausprobiert und in eine ergonomische und materialflussgerechte Position gebracht. Filmaufnahmen dokumentieren den Stand und dienen als Grundlage für weitere Planungsschritte.
Wenn Sie glauben, dass derartige "Billigmethoden" von Firmen eingesetzt werden, die sich keine digitalen Simulationen leisten können, so irren Sie sich. Es sind erste Adresse der deutschen Industrie, Firmen wie BOSCH oder BMW, die die Kartonsimulation ergänzend zu dem klassischen Verfahren einsetzen.
Flexibilität und Schnelligkeit betrifft nicht nur die Produktentwicklung, sondern auch die Veränderlichkeit der Arbeitsplätze in der Montage.
Ist das alles neu? Natürlich nicht. Schon vor 20 Jahren war die Erkenntnis gereift, alles an Betriebsmitteln in der Montage auf Räder zu stellen. Neu ist die durch die Digitalisierung stark forcierte Globalisierung und die Unterstützung des menschlichen Vorstellungsvermögens.

 
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BAG begräbt Tarifeinheit
cand. iur. Jannis Sokianos

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich durch zwei aktuelle Entscheidungen vom Grundsatz der Tarifeinheit verabschiedet (Beschlüsse vom 23.6.2010 - Az.: 10 AS 2/10 und 10 AS 3/10).
Der folgende Beitrag beleuchtet neben Inhalt und Kontext der Entscheidung auch die zu erwartenden Auswirkungen für die Praxis. Im Überblick jedoch zunächst

Arbeitsrechtliche Grundlagen

Verschiedene Gründe können dazu führen, dass in einem Betrieb mehrere Tarifverträge nebeneinander existieren. Dies kann sich etwa aus einer Fusion von Betrieben ergeben oder daraus, dass der Arbeitgeber mit unterschiedlichen Partnern Tarifverträge abschließt. Die dadurch entstehende kollektivrechtliche Diversität (sog. Tarifpluralität) führt zu Fragen, deren Lösung bisher durch juristische Vorgaben herbeigeführt wurde.
Zu diesem Zweck konstruierte das BAG unter Ablehnung der überwiegenden Ansicht in der Literatur den Grundsatz der Tarifeinheit. Nach dem Dogma "Ein Betrieb - ein Tarifvertrag" war die beschriebene Kollision aufzulösen. Dazu war zu untersuchen, welcher der in Rede stehenden Tarifverträge dem Betrieb am nächsten steht und deshalb seinen Erfordernissen und Eigenarten sowie denen der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird (Spezialitätsprinzip). Der so ermittelte Tarifvertrag verdrängte schließlich den anderen Vertrag und machte ihn unanwendbar.
Dadurch wurde allerdings ein Wettbewerb der Gewerkschaften nahezu ausgeschlossen und die Macht der großen Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zementiert. So regte sich mit der Zeit

Widerstand der Berufsgewerkschaften

Nicht alle Berufsgruppen sehen ihre spezifischen Interessen durch die großen Einheitsgewerkschaften ausreichend gewahrt. So haben sich etwa Klinikärzte, Piloten, Fluglotsen und Lokführer in eigenen Spartengewerkschaften organisiert und in aufsehenerregenden Arbeitskämpfen günstigere Tarifverträge für sich ausgehandelt. Auch wenn die Frage der Gültigkeit dieser Tarifverträge gerade unter dem Schlagwort der Tarifeinheit immer wieder für Zündstoff sorgte, ist die Tarifvielfalt schon längst gelebte Realität. Daher handelte es sich bei dem der Entscheidung zugrunde liegenden

Sachverhalt

um einen alltäglichen und "unspektakulären" Fall. Geklagt hatte ein Krankenhausarzt, der Mitglied der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist. Er verlangte einen Urlaubsaufschlag nach dem inzwischen abgelösten Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT). Dabei berief er sich auf den Umstand, dass seine Gewerkschaft dem neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst nicht zugestimmt, sondern später einen eigenen Tarifvertrag für Ärzte vereinbart habe. Für ihn seien daher in der Übergangszeit noch die Bestimmungen des alten BAT einschlägig.
Der 4. Senat des BAG entschied nun, nach Rücksprache mit dem 10. Senat, im Sinne des Klägers. Damit erkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung die gleichzeitige Existenz mehrerer Tarifverträge im selben Betrieb an und kippte folglich die selbsterdachte Konstruktion des Grundsatzes der Tarifeinheit bei Tarifpluralität. Die Erfurter Richter berufen sich dabei auf folgende

Entscheidungsgründe

Das Gericht verneint das Vorliegen der Voraussetzungen für eine eigenständige Regelung der Sache. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass aufgrund des Prinzips der Gewaltenteilung die Gesetzgebung alleinige Aufgabe der Legislative, also des gewählten und damit demokratisch legitimierten Parlamentes ist. Dieses hat jedoch im konkreten Fall mit dem Tarifvertragsgesetz (TVG) eine besonders zurückhaltende Bereichsregelung getroffen. Von einem Grundsatz der Tarifeinheit findet sich in den 13 §§ des TVG nichts.
Nun ist jedoch das Untätigblei-ben des Gesetzgebers im politisch hoch brisanten Feld des Arbeitsrechts beileibe keine Seltenheit. Deshalb darf das BAG als Teil der Judikative unter bestimmten und strengen Voraussetzungen als "Ersatzgesetzgeber" einspringen (sog. Rechtsfortbildung).
Nach jahrzehntelanger Anwendung kommen die Richter nun aber plötzlich zu dem Schluss, zu einer solchen Rechtsfortbildung gar nicht befugt zu sein.
Deutlich überzeugender ist demgegenüber die Hilfsbegründung, dass der Grundsatz der Tarifeinheit zu einer Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Koalitionsfreiheit führe. Denn die vorzunehmende Spezialitätsprüfung (s.o.) gehe fast immer zu Ungunsten der von den Berufs-gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge aus. Und dies stelle einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in Art. 9 Abs. 3 GG dar, der immerhin von einer Koalitionsfreiheit "für alle Berufe" spricht.

Folgen für die Personalpraxis

Auch wenn sich die Entscheidung schon länger abzeichnete, hat sie doch in der Tariflandschaft ein mittleres Erdbeben ausgelöst. Kritik wurde insbesondere auf Seiten der Arbeitgeberverbände laut, obwohl man hier Kummer von der arbeitsrechtlichen Front zur Genüge gewohnt ist. Es drohe eine Zersplitterung des Tarifsystems sowie die Zunahme von Arbeitskämpfen.
Diese Sorgen sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern logische Folge einer Stärkung kleiner Spezialgewerkschaften. Falls sich diese vermehren sollten, laufen Personalabteilungen Gefahr, in ständige Tarifverhandlungen verstrickt zu werden (sog. balkanisation). Pessimisten befürchten gar einen Funktionsverlust der tarifvertraglichen Friedenspflicht und damit eine nicht unerhebliche Auswirkung auf die deutsche Wirtschaft. Wenig überraschend kam daher der

Ruf nach dem Gesetzgeber

Gast der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) war am 28.6.2010 Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Sie ließ verlauten, dass sie dem von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vorgebrachten Wunsch nach einer gesetzlichen Kodifikation der Tarifeinheit "wohlwollend" gegenüber stehe (Tagesspiegel vom 29.6.2010). Die Reaktion der soeben erst gestärkten Spartengewerkschaften folgte prompt - die Vereinigung Cockpit (VC) kündigte im Falle einer gesetzlichen Lösung bereits den Gang vor das Bundesverfassungsgericht an (FAZ vom 6.7.2010).
Eine unausgewogene Gesetzgebung birgt meines Erachtens weit größere Risiken für die Wirtschaft als die Unkenrufe der Verbände nach dem Kippen der Tarifeinheit prophezeien.
Wie oben erwähnt ist Tarifvielfalt keine Dystopie, sondern bereits Realität. Dies stellt auch die Präsidentin des BAG, Ingrid Schmidt im Tagesspiegel vom 5.7.2010 klar. Sie weist auch darauf hin, dass die geringe Zahl der gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit der Geltung unterschiedlicher Tarifverträge zeige, dass die meisten Betriebe mit dieser Situation gut klar kämen.
Man könnte es auch mit Montesquieu formulieren: "Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, so ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen".

Unternehmen sollten daher nicht auf Lösungen des Gesetzgebers hoffen, die auf verfassungsrechtlich wackligen Beinen stehen werden, sondern werden lernen müssen, mit der Tarifvielfalt zu leben.

 
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Innovatives Kommissioniersystem
M. Weinreich LOGSOL GmbH

Dass in Dresden regelmäßig interessante Innovationen entstehen, ist bereits seit langem bekannt. Gerade der Mittelstand findet immer wieder einen optimalen Nährboden für neue Ideen und Entwicklungen. Eine Neuerung, die in der Industrie die Prozesssicherheit hebt und gleichzeitig hohe Einsparpotenziale bietet, ist jetzt bei der LOGSOL GmbH entwickelt worden. Die LOGSOL GmbH ist ein Unternehmen, welches sich auf Projekte im Bereich Logistik spezialisiert hat. Dazu zählen Logistikberatung, Planung von Logistikprozessen und Ingenieurdienstleistungen.

Vom Stammsitz Dresden aus werden Kunden in ganz Europa, vorwiegend in der Industrie (Automotive, Konsumgüter bis hin zum Militär) betreut.




Mit KIT TO LIGHT ist ein innovatives Konzept entstanden, welches zu einer effizienteren Gestaltung von Kommissioniervorgängen beiträgt. Die gestiegene Bedeutung von flexibel einsetzbaren, einfach zu bedienenden, sowie kostengünstigen Kommissioniersystemen mit der Prämisse der Fehlerminimierung bildet die Grundlage dieser Entwicklung.

KIT TO LIGHT baut auf dem Poka Yoke Gedanken zur Fehlervermeidung auf und bietet unseren Kunden eine optimierte Performance Ihrer Kommissionierleistung. Die Basis bildet ein Kommissionierwagen, indem die eigens entwickelte Techno-logie verbaut wird. Somit kann das Prinzip des KIT TO LIGHT auf einfache Art und Weise in eine bestehende Struktur, oder in einen neugeplanten Prozess, implementiert werden.

Über WLAN kommuniziert der Wagen mit einem PC, welcher die Aufträge übermittelt. Die Empfangseinheit wandelt die (systemspezifischen) Pickaufträge in eine optimierte Abfolge der Entnahmeplätze (Anzeige über Zonencontroller) sowie Lichtsignale am Wagen (Kitting-LED) um. Zusätzlich wird durch den Einsatz eines Hand-scanners die Zuordnung "Standort Mitarbeiter - richtiger Lagerplatz" überprüft. Erst nachdem der Mitarbeiter den richtigen Entnahmeplatz erreicht hat, wird der Pickauftrag am Wagen angezeigt.
Durch den Einsatz der KIT TO LIGHT Technik am Wagen bleiben die Unternehmen flexibel bezüglich Veränderungen Ihrer Lagerstruktur. Teure Investitionen in regalgebundene Kommissioniersysteme gehören so der Vergangenheit an.




Vorteile:
  • Reduktion der Fehler beim Kitting-Prozess (Poka Yoke)
  • Vermeidung von "Zettelwirtschaft"
  • Zeiteffizientes Zusammenstellen der Waren
  • Einsatz robuster Materialien
  • Flexibles System - Leichte Implementierung in bestehende Kommissionierprozesse
  • Einfache Bedienung - für jeden erlernbar, kurze Einarbeitungszeit
  • Kurze Amortisationszeit

Dass regionale Unternehmen auch überregional erfolgreich sein können, hat zahlreiche Gründe. Im Fall der LOGSOL GmbH ist dies, neben dem aktiven Innovationsmanagement, auch die Einbindung in zahlreiche Kompetenznetzwerke (z.B. AMZ) und die Nähe zur Wissenschaft, wie der Technischen Universität Dresden. Dies bietet immer wieder Möglichkeiten für Ideenentwicklungen und Innovationen.

Weitere Informationen dazu erhalten Sie unter:
www.logsol-gmbh.de.
info@logsol-gmbh.de

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LOGICON®-Consulting
Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos
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